Es hat sich herumgesprochen: Energie gibt es (fast) umsonst, direkt aus unserer Natur. Gerade im sonnigen Allgäu gibt es hiervon besonders reichlich. Allerdings: Nicht jede Person hat ein eigenes Haus oder gesamte Dachflächen für eine Photovoltaikanlage zur Verfügung. Aber schon ein Balkon, ein Fahrradunterstellplatz oder ein Schuppendach reichen aus für erneuerbare Energie von Zuhause.
Bereits zum zweiten Mal hat KIMM daher am Samstag, den 27.4.2024 einen kostenlosen Workshop zur Selbstmontage eines Balkonkraftwerkes organisiert. Die Idee: Aus aussortierten Solarmodulen werden neue Balkonsolar-Module. Die selbst gebauten Balkonkraftwerke können nach dem Workshop mit nach Hause genommen werden – und das ganz kostenlos. Erwartungsgemäß war das Interesse groß: Die auf 20 Selbstbau-Module begrenzten Plätze wurden unter mehr als 40 Bewerber*innen ausgelost. Weitere 10 Personen nahmen auch ohne Chance auf ein eigenes Modul am Informations-Vortrag teil.
Wer Glück hatte und gelost wurde, fand sich am Samstag, den 25.April im Saal des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses ein. Nach den zuvor winterlichen Wetterbedingungen war die Lust auf Sonne und Wärme besonders groß und das Wetter zeigte sich pünktlich von der schönsten Seite. Die beiden Vorstände Wolfgang Friedl und Florian Frey des KIMM begrüßten das erwartungsvolle und quer durch alle Altersgruppen gemischte Publikum.
Expertise aus der Sonnenstadt
In der Erstabfrage wurde klar, dass die Teilnehmenden verschiedene Intentionen und Vorerfahrungen hatten. Von Mietern mit kleinem Balkon, Eigentümern bis hin zu Vermietern folgten alle gespannt dem aus der Sonnenstadt Freiburg angereisten Experten Sebastian Müller von Balkon.Solar.e.V. Der Referent hielt einen knapp zweistündigen Fachvortrag, der selbst das erst am Vortag im Bundestag beschlossene Solarpaket kompetent abgedeckte. Mit beeindruckendem Wissen konnte Müller jede Frage detailliert beantworten.
„Die in Deutschland verwendeten Balkonsolaranlagen sind zu 80% gar nicht angemeldet“, erzählt Sebastian Müller. Problematisch sei das nicht. Eine Anmeldung sei nur bis zu einem Ertrag von 800 W via Schuko-Stecker angezeigt. Rechtlich seien ein oder zwei Module für eine Balkonsolaranlage kein Bauteil und dürfen deshalb auch auf Kleinstdächer. „Elektrocheck und statisches Gutachten sind Vermietersache“, so Müller. Brandgutachten seien aufgrund der Sicherheit keine Pflicht.
Installation, Preise und Aufbau
Nur: Wo installiert man ein Balkonkraftwerk am besten? Gut visualisiert vermittelte Müller die Ausbeutemöglichkeiten der Module bei verschiedenen Aufstellungsarten nach Himmelsrichtung und Neigungsgrad. „Ideal ist eine Südausrichtung mit 30° Neigung. Im Winter sind vertikale Aufstellungen ertragreicher“, erzählt der Solar-Experte.
Produziert ein Balkonkraftwerk genug, lohnt sich die Anschaffung schnell. Selbst eine neu gekaufte Anlage könne sich nach der aktuellen Preislage nach drei bis sieben Jahren amortisieren. Für Interessengemeinschaften könne eine Sammelbestellung die Anschaffungskosten reduzieren.
Dabei muss es nicht immer ein fabrikneues Balkonmodul sein. Wenn ehemals geförderte Anlagen zu einem zweiten Leben erweckt werden, sei nur ein passender Wechselrichter mit Schuko-Stecker nötig. „Also genau wie bei den heute zur Verfügung gestellten Modulen“, sagt Müller. Der Wechselrichter sei aber zwingend nötig. „Der gewonnene Gleichstrom muss zu Wechselstrom umgewandelt werden, um direkt in den eigenen Stromkreislauf zu fließen“, erklärt der Referent. Empfohlen wurden Wechselrichter der Firmen hoymiles und Envertech. „Wer keine Außensteckdose hat, dem kann auch ein Fensterdurchführungs-Kabel helfen“, sagt Müller und zeigt dem Publikum das schmale Bauteil.
Stromversorgung selbst gemacht
Was passiert aber mit dem Ertrag eines Balkonkraftwerks? „Die Energie fließt direkt in den Kreislauf ihres Hauses oder ihrer Wohnung“, erklärt Müller. So könne ein durchschnittlicher zwei Personen Haushalt mit 2500 KWh seinen Jahresverbrauch mit zwei Balkonsolarmodulen um 20% senken. Der Referent betonte: „Elektrisch betriebenes funktioniert meistens viel effektiver.“ Ein kleines E-Auto würde für 100 km Strecke 15 kWh benötigen, hingegen ein vergleichbarer Benziner 70 kWh für dieselbe Distanz, also gut das 4,5-fache.
„Was nicht direkt vor Ort genutzt wird, fließt einfach in das Stromnetz“, erklärt Müller und kommentiert: „Balkonkraftwerke erziehen die Haushalte gewissermaßen, ihre technischen Großabnehmer in den sonnenreichen Stunden zu verwenden“. Um den Überschuss nicht an den Stromanbieter zu ‚verschenken‘, sollten programmierbare Haushaltsgeräte, wie Waschmaschine oder Spülmaschine bestenfalls mittags laufen. Der Umwelt sei jedoch in beiden Fällen geholfen. Gespeichert werden könne der gewonnene Ertrag nur mit einer technischen Speicherergänzung.
Aus alt mach neu
Nach der Theorie wurde die eigentliche Arbeit mit strahlender Frühlingssonne hinter den Dietrich-Bonhoeffer-Haus vollzogen. Den Teilnehmenden standen für den Eigenbau ihres Balkonkraftwerks noch relativ junge Module mit 255 Watt Spitzenleistung zur Verfügung. „Eigentlich wären diese Module auf dem Müll gelandet“, erzählt KIMM-Vorstandsmitglied Florian Frey. Zuvor waren die Module knapp neun Jahre lang auf dem Dach der Sportwelt in Ottobeuren im Einsatz. Wer heute mit einem Modul heim gehen wollte, bekam dazu den passenden Wechselrichter, Kabel und ein smartes Messgerät gleich dazu. Die Handgriffe waren allesamt einfach zu bewältigen: Die passende Länge selbst zuzuschneiden, die Anschlüsse verbinden, fertig! „Sich als völlig fachfremde Person so ermuntert zu fühlen, rundet die Veranstaltung wirklich ab“, kommentierte eine Teilnehmerin.
Nach vier Stunden gingen die Teilnehmenden inhaltlich stark bereichert mit einem oder gleich zwei Modulen nach Hause. Mit dem Abschluss des Balkonsolar-Workshops kommt auch das dreiwöchige Programm des Klimafrühlings 2024 zum Ende. KIMM-Vorstandsmitglied Friedl zieht ein positives Fazit: „Wir freuen uns, dass auch Menschen ohne große Immobilien hier eine so einfache Möglichkeit haben, den eigenen Geldbeutel zu entlasten und zur Energiewende beizutragen.“
Mehr Projekte
Der Balkonsolar-Workshop wird durch eine Förderung des Klimafonds Allgäu ermöglicht. Wir danken dem Bündnis klimaneutrales Allgäu für die Unterstützung!
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Der Klimafrühling 2024 umfasste in rund drei Wochen ein breites Veranstaltungsprogramm.
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