12 Thesen für die klima- und sozialgerechte Wärmewende in Memmingen

Wie gelingt der Wandel?

Um die Klimakrise einzudämmen, muss sich auch unsere Wärmeversorgung verändern: Weg von Öl und Gas und hin zu erneuerbaren Lösungen! Andererseits wurde die Diskussion rund um die Wärmewende in den vergangenen Monaten oft heftig geführt. Im Raum stehen viel Unsicherheit, Verwirrung, und Existenzangst.

Genau deshalb haben wir uns bei KIMM in den letzten Wochen genau mit dem Thema Wärmewende auseinandergesetzt. Für uns ist klar: Die Wärmewende funktioniert nur dann, wenn keiner zurück gelassen wird. Wir fordern deshalb: Die Heizungswende muss kommunal, sozial und wirklich nachhaltig sein!

Doch wie kann das konkret aussehen? Wie kann diese Herausforderung gelingen? Wir haben 12 Thesen erarbeitet, die angesichts von Heizungsgetz, Wärmewende, und der anstehenden kommunalen Wärmeplanung in Memmingen die Grundlage für eine gute, nachhaltige, verträgliche, und umsetzbare Wärme der Zukunft legen können.


Wärme ist ein Grundbedürfnis

WÄRMEWENDE KOMMUNAL UND SOZIAL GERECHT!
Wärme ist ein Grundbedürfnis. Die Wärmewende ist eine große finanzielle und soziale Herausforderung. Die Stadt soll in Memmingen die Wärmewende sozial gerecht gestalten: Kommunal organisiert, kostendeckend statt profitorientiert, und auf Quartiers- statt auf Haushaltsebene. So wird keiner mit dem Wandel allein gelassen! 

1. Wärme ist eine Gemeinschaftsaufgabe
Die gegenwärtige Diskussion löst Ängste und Unsicherheiten aus. Menschen sind besorgt um ihre Zukunft und ihren Lebensunterhalt. Wir sind der Ansicht, dass die Antwort auf diese Sorgen in der Gemeinschaft liegt. Die Wärmewende darf nicht einzelnen Personen auferlegt werden, sondern muss gemeinsam bewältigt werden. Die Lösung für die Wärmewende muss auf kommunaler Ebene organisiert werden, unter Einbeziehung des Stadtrats, der Verwaltung, der Industrie, der Landwirtschaft und der Bürgerschaft.

2. Wärme muss sozial gerecht sein
Wärme ist ein Grundbedürfnis. Sie sollte nicht als profitables Investment betrachtet werden. Sie muss von der kommunalen und lokalen Ebene kontrolliert organisiert werden, um niedrige Preise sicherzustellen und Netze gemäß den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger aufzubauen. Die Stadtwerke sollten – auch angesichts des perspektivischen Ende des Haupt-Geschäftsfeldes Gas – Wärme als neue Geschäftssparte aufbauen und federführend betreiben. 

3. Wärme muss kommunal gedacht werden
Wärme muss kommunal und quartiersgebunden gedacht werden, gemeinsam statt isoliert. Nahwärme- und Fernwärmenetze sollten klare Priorität bei Investitionen und Förderungen haben. Sie sind effektiv, ermöglichen Kraft-Wärme-Kopplung oder Stromspeicherung und verteilen Vorteile sowie Kosten gerecht auf viele Menschen. Versorgungslösungen für einzelne Gebäude sollten die Ausnahme darstellen. Die Umsetzung der Wärmewende erfolgt über die Festlegung eines festen, quartiersgebundenen Sanierungsplans mit quartiersgebundenen Sanierungssatzungen nach KfW 432 und §142 BauGB für das gesamte Stadtgebiet. 

4. Wärmeplanung muss planbar und vertrauensvoll sein
Die Planung von Wärmeversorgung muss klar kommuniziert werden – wie die aktuelle Debatte deutlich zeigt. Das bedeutet, dass die Planung und der Ausbau gut organisiert und transparent einsehbar sein müssen. Ein gemeinsam erarbeitetes Konzept, eine öffentliche Vorstellung, jährliche Fortschrittsberichte und die Einrichtung einer eigenen Beratungs- und Kommunikationsstelle sind unerlässlich.

Nutzen, was da ist.

EFFIZIENZ KOMMT VOR ERZEUGUNG!
Einsparung kommt vor Erzeugung. Wir brauchen keine große Zahl neuer Heizkraftwerke, wenn wir Effizienz steigern und zuerst nutzen, was da ist. Die Memminger Wärmewende wird mit der Nutzung von bestehenden Wärmequellen, mit einer Sanierungsoffensive, und mit sofort verfügbaren Technologien gelingen. 

5. Wärme muss bestehende Ressourcen nutzen 
Wärme ist ein wertvolles Gut. In Industrieanlagen und landwirtschaftlichen Betrieben in Memmingen wird Wärme und Abwärme erzeugt, ohne dass sie genutzt wird. Die Erfassung und Nutzung vorhandener Wärmequellen muss Vorrang vor Neubauten haben.

6. Wärme muss Effizienz priorisieren 
Es muss eine klare Priorisierung zwischen verschiedenen Alternativen erfolgen: Eine Biogasanlage benötigt beispielsweise fünfmal so viel Fläche wie eine solarbetriebene Wärmepumpe. In der Planung muss festgelegt werden, dass die Lösung mit der höchsten Effizienz den Vorrang hat. 

7. Wärme bedeutet Energieeinsparung
Investitionen in neue Wärmequellen sind wichtig. Allerdings ist die beste Wärmeenergie diejenige, die nicht benötigt wird. Investitionen in neue Wärmequellen müssen daher durch Investitionen in Sanierung und gezielte Einsparmaßnahmen, z.B. in öffentlichen Einrichtungen, ergänzt werden. Energieeinsparung und effiziente Dämmung haben oberste Priorität.

8. Wärme muss realisierbar sein
Es müssen Technologien genutzt werden, die bereits verfügbar, bezahlbar und zugänglich sind. Dies gilt insbesondere für das Thema Wasserstoff: Die derzeitige Wasserstoffgewinnung ist äußerst ineffizient, und Gasnetze können nur mit einem Wasserstoffanteil von 10-20 % betrieben werden. Das ist keine Lösung. Die Wärmeplanung sollte ausschließlich auf Maßnahmen und Technologien setzen, die jetzt marktreif und bezahlbar verfügbar sind.

Wärme klimaneutral.

NACHHALTIG GEWINNEN!
Nur eine nachhaltige Wärmewende sichert Unabhängigkeit, Klimaschutz, und langfristigen Bestand. Wärme muss bis 2035 klimaneutral erzeugt werden, mit dem Ausbau der Strom-Infrastruktur einhergehen, und keine Scheinlösungen zulassen. 

9. Wärme muss klimaneutral sein
Die Nutzung von Abwärmequellen allein wird den Wärmebedarf in Memmingen nicht decken können. Der Aufbau neuer Wärmequellen muss daher klar geregelt sein. Angesichts des Klimawandels und der begrenzten Ressourcen muss festgelegt werden, dass Wärme aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. Es dürfen keine Investitionen mehr in fossil betriebene Lösungen getätigt werden. Lösungen, die zwar erneuerbar sind aber Emissionen in Methan, Lachgas und CO2 erzeugen, insbesondere die Verfeuerung von Biomasse und Holz sowie neue Biogasanlagen, sollten nur als „Notlösung“ neben klimafreundlicheren Technologien verwendet werden. 

10. Wärme und Strom
Die Wärmewende erfordert Strom. Bei Investitionen müssen auch potenzielle Stromquellen in der Umgebung berücksichtigt und entwickelt werden. Da Windenergie keine Option ist, bedeutet dies vor allem den Ausbau von Solardächern auf neuen Anlagen, angrenzenden Dächern und umliegenden Flächen. Investitionen in neue Anlagen sollten immer zu möglichst hoher Stromerzeugung führen.

11. Wärme muss nachhaltig gewonnen und betrieben werden
Erneuerbare Wärme ist nicht immer gleichbedeutend mit der nachhaltigsten Wärme. Insbesondere bei Wärmepumpen sind die Auswahl der Kältemittel und die Nutzung von Abluft und Grundwasser entscheidend für die Nachhaltigkeit der Versorgung. Es muss als Grundsatz festgelegt werden, dass nur natürliche Kältemittel (CO2, NH3, …) verwendet werden und die Wärmequellen sorgfältig ausgewählt werden.

12. Gemeinsam Fortschritt wagen!
Die Wärmewende ist das Gebot der Stunde. Nur eine klare Planung und schnelle Umsetzung kann Ängste verhindern und finanzielle Sicherheit schaffen. Dazu kommt: Kipppunkte des Klimawandels werden schon in wenigen Jahren erreicht. Die Stadt Memmingen muss schnell und entschlossen handeln. Bis spätestens 2024 muss ein konkretes Ausbaukonzept vorliegen, dessen Umsetzung noch bis Ende des Jahres begonnen werden sollte. Notwendige Veränderungen in Organisationsstrukturen, vorbereitende Gespräche und der Aufbau von Austauschgremien und Personalstellen kann bereits vorbereitend erfolgen. Spätestens ab 2025 sollte das Projekt Wärmewende mit Hochdruck vorangetrieben werden. Vor allem aber muss ein klares Ziel gesetzt werden: Die lokale, sozial gerechte, und klimaneutrale Wärmeversorgung in Memmingen bis 2035 – eine Dekade für Fortschritt!


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